Test
„Test“ hört sich wahrscheinlich erst einmal nicht wie eine Manipulationstechnik an….
… doch manche Menschen „testen“ dich und dein Verhalten tatsächlich.
Sie wollen sehen, wie weit du gehen würdest, wie manipulierbar du bist, oder ob sie dir vertrauen können.
Die Absicht dahinter muss nicht unbedingt „schlecht“ sein. Doch es wird in jedem Fall ein toxisches Spiel mit dir getrieben, das potentiell schädlich für dich ist.
Es ist kein Zufall, dass diese Manipulationstechnik häufig von Menschen mit Borderline eingesetzt wird. Denn gerade Betroffene haben enorme Vertrauensprobleme und eine unheimliche Angst davor, verlassen zu werden.
Sie brauchen ständig Bestätigungen, um sichergehen zu können, dass du sie liebst, bei ihnen bleibst, loyal bist und sie dir vertrauen können.
Natürlich können dich auch Menschen testen, die nicht von Borderline betroffen sind.
Auch narzisstische Menschen benutzen diese Technik häufig. Im Artikel über die Manipulationstechnik Intrigieren hat mein narzisstischer Freund mich beispielsweise „zur Vorbereitung“ getestet.
Da Borderliner diese Manipulationstechnik meiner Erfahrung nach allerdings mit Abstand am meisten verwenden, will ich sie dir in diesem Artikel anhand eines entsprechenden Beispiels näherbringen.
Wie testet dich jemand?
Ich möchte zunächst etwas Wichtiges betonen: Ein Test ist keine Intrige!
Denn wenn jemand gegen dich intrigiert, dann tut er das über einen längeren Zeitraum hinweg. Er tut es oft mit einem hinterhältigen Plan und dem Ziel, dir zu schaden, gegen dich zu gewinnen oder sich bei dir zu rächen.
Intrigen sind sehr aufwendig. Du wirst beobachtet, analysiert und dann wie eine Marionette gesteuert. Alles ist strategisch genau durchdacht, um dich in eine Falle zu locken und zu bestimmten Handlungen zu bewegen.
Deshalb ist diese Manipulationstechnik sehr beliebt unter narzisstischen und antisozialen Menschen, wenn auch nicht ausschließlich.
Testet dich hingegen jemand, dann könnte das zwar theoretisch auch von langer Hand geplant sein. Es handelt sich aber oftmals um eine emotionale und impulsive Entscheidung.
Es wird sich aus meiner Sicht beim „Tester“ also eher um einen Menschen mit Borderline handeln, auch wenn das nicht unbedingt der Fall sein muss.
Persönlichkeitsstörungen sind sehr komplex. Diagnosen sind äußerst schwierig und gehören als Philosoph und Life Coach nicht zu meinem Feld.
Doch darum geht es mir auch nicht. Ich bin spezialisiert auf die Kommunikation, die Rhetorik und den Umgang mit manipulativen Persönlichkeiten.
Meine Absicht ist es, dir die Manipulationstechniken näherzubringen, die gerade Menschen mit Persönlichkeitsstörungen sehr häufig gegen dich verwenden.
Außerdem habe ich viel praktische Erfahrung mit diesen Manipulationstechniken und kenne sie deshalb aus erster Hand.
Eine meiner persönlichen Erfahrungen möchte ich dir jetzt schildern, um dir die Manipulationstechnik des Testens aufzuzeigen.
„Lieben“ oder „Verliebt sein“?
Die folgende Geschichte handelt von einer Ex-Freundin von mir. Unsere Beziehung war relativ kurz, dafür aber umso intensiver.
Alles ging unheimlich schnell. Wir kamen zusammen, ohne einander richtig zu kennen. Zugegeben war das meine „Schuld“. Denn obschon das erste Date von ihr initiiert wurde, kam der Impuls für eine Beziehung von mir.
Die Beziehung war sehr emotional und körperbezogen. Wir sahen uns bereits zu Beginn der Beziehung praktisch jeden Tag.
Oft gingen wir zusammen essen, wobei ich sie ausnahmslos immer einlud, auch wenn ihre Eltern ihr Geld dafür gaben.
Ich war damals temporär in der Verpackung angestellt und verdiente nicht viel. Da ich damals aber noch bei meinen Eltern wohnte, konnte ich mir dennoch bald eine Videokamera leisten, die ich unbedingt haben wollte.
Kurz bevor wir uns trennten, sagte sie zu mir, dass ich sie nicht immer einladen müsste, weil sie sich dabei schlecht fühlte. (Diese Information wird zu einer späteren Stelle wichtig werden!)
Kurz darauf trennten wir uns…
Die dramatische Trennung
Was war passiert? – Sie schrieb mir eines Abends aus dem nichts die folgende Nachricht mit der berühmten Aussage:
„Wir müssen reden!“
Du weißt vermutlich, dass dieser Satz nichts gutes verheißt. Ich verspürte plötzlich eine innere Anspannung und eine Befürchtung.
Ich schrieb sofort zurück und fragte, worum es denn ging. Sie antwortete, dass wir das besprechen könnten, wenn wir uns wieder sehen würden.
Doch jetzt, da ich wusste, dass etwas los war, wollte ich natürlich auch unbedingt wissen, was los war.
Der Gedanke, bis zu unserem nächsten Treffen mit dieser Ungewissheit leben zu müssen, fühlte sich für mich wie eine emotionale Folter an.
Deshalb fragte ich sie, ob wir nicht bitte kurz am Telefon darüber sprechen könnten.
Sofort erhielt ich die folgende Nachricht:
„Ich brauche Abstand. Es liegt nicht an dir, sondern an mir. Ich liebe dich, aber ich weiß nicht, ob ich VERLIEBT in dich bin.“
Ich war zwar tief verletzt, aber ich schrieb ihr zurück, dass ich ihr die Zeit und den Raum geben möchte, um sich selbst zu sortieren.
Aus meiner Sicht war die Tatsache, dass ich ihr den eingeforderten Abstand gab und ihn respektierte, ein Beweis dafür, dass sie und ihre Bedürfnisse mir am Herzen lagen.
Sie sah das jedoch anders, wie sich später herausstellte…
Die Bombe platzte
Am selben Abend postete sie zu meinem Erstaunen den Song „Grenade“ von Bruno Mars auf Social Media. Und sie postete praktisch nie etwas.
Ich verstand kurz die Welt nicht mehr. Denn ich musste davon ausgehen, dass der Song in diesem Moment eine Bedeutung für sie hatte.
Doch der Songtext drückte eigentlich das komplette Gegenteil von dem aus, was sie mir gerade mitgeteilt hatte. Er handelte davon, dass ein Mensch einer anderen Person Vorwürfe macht, weil sie ihn nicht so liebt wie er sie.
Natürlich musste dieser Post nichts bedeuten und der Song konnte auch einfach so gepostet worden sein. Aber da sie sehr selten etwas postete, räumte ich diesem Post schon eine gewisse Bedeutung für sie ein.
Die offizielle Trennung wurde nie direkt ausgesprochen. Doch beim nächsten Treffen sagte sie zu mir, es ginge ihr alles zu schnell. Wir sollten uns erst kennenlernen und sehen, ob es überhaupt passte. Vielleicht würde es etwas werden, vielleicht auch nicht.
Dann folgte ein sehr dramatisches Abschiedsritual…
Sie fragte mich, ob ich ihr noch einen letzten Kuss geben wollte. Ich küsste sie länger als je zuvor und wünschte mir dabei, der Moment würde nie zu Ende gehen…
Seltsamerweise wollte auch sie nicht loslassen und schien den Kuss zu genießen, wie nie zuvor.
Das war sehr verwirrend für mich und ich frage mich ernsthaft, ob sie diese Trennung wirklich wollte, die sie dermaßen vorangepeitscht hatte.
Dann verabschiedete sie sich in Tränen von mir vor ihrer Haustür. Sie übergab mir eine Halskette mit einem herzförmigen Anhänger, die ich behalten sollte, um sie immer in Erinnerung zu behalten.
Als ich zu Hause war, schickte sie mir einen Song mit dem Titel „Say Goodbye“ und sagte, ich würde immer einen besonderen Platz in ihrem Herzen haben.
Das Wort „Trennung“ wurde zwar wie gesagt nie erwähnt. Doch der Fall war klar.
Ein letzter Kuss, ein Abschiedsgeschenk, ein Abschiedssong namens „Say Goodbye“. Dann noch die Aussage, dass vielleicht etwas aus uns würde, vielleicht aber auch nicht.
Doch leider waren da ja auch noch Dinge gefallen, wie: Ich brauche Abstand, wir sollten uns zuerst kennenlernen.
Die Situation war also ambivalent. Das Gefühl von gleichzeitigem Zusammensein und Getrenntsein drohten mich von zwei Seiten her zu zerreissen.
Irgendwie war es vorbei, aber irgendwie auch nicht. Ich sollte und wollte loslassen. Doch da war diese verflixte Hoffnung, die es mir nicht erlaubte, das zu tun.
Wir waren irgendwie zusammen und irgendwie getrennt. Was hatte sie nur mit mir gemacht…
Der Liebestest
Dann kam der Wendepunkt…
Eines Abends traf ich einen gemeinsamen Freund, der mich in diesem elenden Zustand sah.
Ich fühlte, wie sein Mitleid ihn quälte und er sagte schweren Herzens zu mir:
„Hör mal, sie hat mir gesagt, ich soll dir nichts sagen, aber ich bringe das nicht übers Herz. Ich muss dir etwas sagen… Sie hat mir gesagt, sie glaube nicht, dass du sie liebst. Du würdest ihr einfach nicht dieses Gefühl geben. Deshalb meinte sie zu mir:
‚Weißt du was? Morgen werde ich ihn testen. Ich werde mit ihm Schluss machen und ihm sagen, dass ich ihn nicht liebe. Wenn er mich wirklich liebt, wird er um mich kämpfen. Er wird versuchen, mich dazu zu bringen, ihn nicht zu verlassen und mir dadurch seine Liebe beweisen.‘“
Die Worte meines Freundes waren absolut niederschmetternd. Mein Herz war in 1000 Stücke zersprungen und ich war am Boden zerstört.
Ich fühlte mich hintergangen und kam mir völlig verarscht vor.
Ich wollte nur noch nach Hause. Auf dem Weg dorthin wurde mir speiübel. Mein Magen fühlte sich an, wie ein Lappen, der von zwei Muskelprotzen mit aller Kraft ausgewrungen wurde.
Wie konnte sie nur so ein Spiel mit mir abziehen…
Spät am Abend zu Hause angekommen, sammelte ich mich. Meine Innenwelt hatte sich mittlerweile etwas verändert. Die ursprüngliche Enttäuschung hatte abgenommen und wurde zunehmend von einem Gefühl der Wut verdrängt.
In dieser Wut beschloss ich, ihr eine Nachricht zu schreiben.
Emotional, wie ich gerade war, war die Nachricht gespickt mit Emotionsentladungen, Vorwürfen und Verurteilungen. Um dir eine kleine Kostprobe zu geben. Die letzten Worte waren:
„Du hast mit mir gespielt. Ich will dich nie wieder sehen.“
Meine Gewissensbisse
Doch schon am nächsten Morgen bereute ich meine emotionale Nachricht.
Die Wut war inzwischen weg. Stattdessen war jetzt Scham da… und Schuld. – Da waren Scham und Schuld.
Ein Antwort ihrerseits blieb aus. Das war die schlimmste Antwort, die sie mir hätte geben können… gar keine.
Ihr neuer Social Media Status machte es paradoxerweise etwas besser, auch wenn sie darin wenig beeindruckt wirkte:
„Das Gestern ist Geschichte, das Morgen ein Mysterium, aber das Heute ist ein Geschenk.“
Die Antwort war kalt wie ein Eisberg und ich fühlte mich auch so, als wäre ich gerade mit der Titanic in ein eisiges Meer herabgesunken.
Doch ich konnte die Situation einfach nicht so unabgeschlossen stehen lassen. Deshalb beschloss ich am Abend, sie anzurufen.
Als ich sie nicht erreichte, entschied ich kurzerhand, zu ihr zu gehen, wo allerdings nur die Eltern zu Hause waren. Diese meinten zu mir, sie könnten sich auch nicht erklären, was plötzlich mit ihr los sei und boten mir an, sie gemeinsam anzurufen.
Sie riefen sie vom Festnetztelefon aus an und baten sie, mit mir zu sprechen.
Am Telefon zischte sie in einem giftigen Ton wie eine Klapperschlange:
„Was soll das? Jetzt gehst du schon zu meinen Eltern, nachdem du mir so einen Text geschrieben hast!? Ich habe dir gesagt, ich brauche eine Pause. Was ist daran so schwer zu verstehen!?“
Ich war verwirrt, denn von einer bloßen Pause war nun wirklich nie die Rede gewesen.
Irgendwie fühlte ich mich deswegen erleichtert. Es gab also noch Hoffnung, dachte ich mir.
Gleichzeitig machte mir die Wucht ihrer Emotionen aber auch Angst. Sie spuckte Feuer durchs Telefon, wie ein Drachen. Da ich sie liebte, trafen mich ihre Worte wie ein brennender Pfeil mitten in mein Herz und ließen es in Flammen aufgehen.
Auf Drängen ihrer Eltern kam sie dann jedenfalls mehr oder weniger direkt zu mir nach Hause und ließ sich auf ein Gespräch ein.
Und nun wurde es sehr seltsam…
Scheinargumente & Schuldumkehr
Als sie bei mir klingelte, hatte ich gemischte Gefühle.
Einerseits war ich überglücklich, sie wieder in meiner Nähe zu haben und nun endlich alles mit ihr klären und besprechen zu können.
Andererseits hatte ich irgendwie Angst… Angst vor der Konfrontation, ja… aber nicht nur…
… irgendwie hatte ich auch Angst vor ihr. Vor möglichen Manipulationsversuchen wegen ihres vorherigen Tests. Vor emotionalen Verletzungen wegen ihres Ausbruchs vorhin am Telefon.
Dann betrat sie mein Zimmer.
In ihren Augen war so gut wie jede erdenkliche Emotion zu sehen.
Einerseits beruhigte mich diese Durchschaubarkeit. Andererseits verunsicherte mich die Unberechenbarkeit hinter dieser unendlichen Vielfalt an Emotionen.
Ich bedankte mich erst einmal bei ihr, dass sie sich überhaupt auf dieses Gespräch einließ. Schließlich war meine Nachricht alles andere als nett.
Ich entschuldigte mich außerdem dafür, dass sie jetzt ihren freien Abend für dieses Gespräch opfern musste.
Aus einem tiefen Schuldgefühl heraus waren meine ersten Worte dann: „Du kannst mir jetzt eine Ohrfeige geben.“
Sie fragte, wieso sie mich schlagen sollte. Ich erwiderte: „Weil ich es verdiene…“
Darauf hin antwortete sie: „Ja, du verdienst es. Aber ich werde es trotzdem nicht tun.“
Sie redete weiter: „Eigentlich hatte ich dich nach dieser Nachricht schon hinter mir gelassen. Aber da du unbedingt ein Gespräch wolltest, kannst du mir jetzt sagen, was du mir sagen möchtest.“
Dann erwähnte ich mein Treffen mit unserem gemeinsamen Freund am Vortag und sagte: „Er hat mir gesagt, du würdest nicht glauben, dass ich dich liebe und wolltest mich deshalb testen.“
Sie schreckte leicht auf und ihre Augen blitzten für einen kurzen Moment auf.
Sichtlich ertappt drehte sie ihr Gesicht leicht beschämt zur Seite und blickte zu Boden. Währenddessen murmelte sie in einem verlegenen Ton:
„Nein, ich habe dich nicht getestet…“
Es folgte eine kurze Pause und dann ging es mit den Vorwürfen los.
„… aber wenn meine Mutter mir Geld gibt, um etwas essen zu gehen, dann erwarte ich trotzdem, dass du mich als Freund einlädtst.
Ich denke, du solltest zuerst lernen, wie man eine Frau behandelt. Ein guter Freund lädt seine Freundin regelmäßig ein und schenkt ihr immer wieder einmal einige Aufmerksamkeiten. Weißt du… kleine Dinge.“
Ich dachte, mich trifft der Schlag. Ich war entsetzt, enttäuscht und verwirrt.
Ich fragte mich, ob sie diese unzähligen Einladungen meinerseits etwa vergessen hatte. Es verletzte mich unglaublich, dass sie sie offenbar nicht nur nicht zu schätzen wusste, sondern sie sogar bestritt…
„Ich habe dich eingeladen.“, erwiderte ich schockiert in einem rechtfertigenden und leicht vorwurfsvollen Ton.
Sie fragte mich sofort in einem schnippischen Ton zurück: „Wann!?“
Mir fiel spontan die letzte Einladung ein und ich erwidere: „Der Milkshake letzte Woche, als ich dich mit deiner Freundin getroffen habe.“
Sie antwortete: „Naja, das war 1 Mal zu einem Milkshake und das war schon, nachdem wir Schluss gemacht hatten.“
Ich wusste, dass ich sie immer eingeladen hatte.
Ich wusste auch noch, dass sie mir erst gerade – kurz bevor sie „Schluss gemacht“ hatte – gesagt hatte, dass ich sie nicht immer einladen müsste, weil sie dann ein schlechtes Gewissen bekäme. Das war direkt, nachdem ich ihr Essen bezahlt hatte, gewesen.
Natürlich hatte ich diese Aussage ernst genommen und war nicht davon ausgegangen, dass es eine bloße Floskel war.
Als ich es danach – nachdem sie die Sache mit uns „beendet“ hatte – wagte, ein einziges Mal nicht zu bezahlen, wirkte sie zu meiner Verwunderung ziemlich verblüfft.
Da ich mir sehr wohl bewusst war, wie es sich wirklich zugetragen hatte, ließ ich mich auch nicht vom Gegenteil überzeugen.
Stattdessen versuchte ich, zu argumentieren: „Aber ich habe dich auch während der Beziehung immer eingeladen. Deshalb ist ja auch mein Geld langsam weniger geworden.“
Doch sie hielt gnadenlos dagegen: „Dein Geld ist weniger geworden, weil du dir eine Kamera für 3000 Franken gekauft hast.“
Ich antwortete: „Das auch, aber nicht nur deswegen. Das Geld hatte ich ja zusätzlich angespart…“
Rückblickend muss ich sagen, dass ich mich wenigstens nicht gaslighten lassen habe. Doch es hatte keinen Zweck. Sie war in ihrer „schwarzen Phase“ überzeugt davon, dass ich ein schlechter Freund war, der sie schlecht behandelte.
Ich durfte sie nicht eingeladen haben, denn dann wäre ihre Reaktion mit dem Test ja nicht gerechtfertigt gewesen. Und dann hätte sie sich mit ihrer eigenen Schuld und Scham auseinandersetzen müssen.
Deshalb verdrängte sie diese Tatsache vollkommen.
Für sie musste es so sein, denn wir hatten zu viel Nähe gehabt und uns die ganze Zeit gesehen. Deswegen wollte sie mich wohl wegstoßen, um wieder „Raum zum Atmen“ zu haben. Deshalb durfte ich kein guter Freund sein, denn ansonsten hätte sie mich nicht „guten Gewissens“ wegstoßen können.
Irgendwann rückte sie auch noch unterschwellig damit heraus, weshalb sie annahm, ich würde sie nicht lieben…
… als sie von ihrem 3-wöchigen Urlaub zurückgekehrt war und ich sie mit ihrer Schwester am Flughafen abgeholt hatte, war ihr die Schwester sofort vor Freude an den Hals gefallen. Ich hingegen hatte mich wie üblich emotional zurückgehalten und sie ruhig und gelassen, aber dennoch liebevoll, umarmt.
So warf sie mir nun vor: „Du bist einfach nur dagestanden…“
Ich konnte und wollte nicht ändern, wer ich war, auch wenn sie mir nun vorwarf, dass sich in ihren Augen das so nicht gehörte. Dementsprechend hatte ich ihr diesbezüglich auch relativ wenig zu sagen.
Das Gespräch war mehr oder weniger beendet und wir vertrugen uns immerhin wieder.
Wir sahen uns danach auch noch einige Male. Doch wie sie damals schon richtig erkannte und mir auch mitteilte, meinte sie, dass wir einfach zu gegensätzlich wären.
Es ist gut möglich, dass sie das schon zuvor gespürt hatte und deshalb mit ihrem Test unterbewusst die Beziehung sabotierte.
Sie wollte zum Beispiel auch unbedingt, dass ich wütend wurde, um mit ihr zu streiten. Einmal teilte sie mir sogar offen und direkt mit, dass sie es liebe, mit ihrer besten Freundin zu streiten, zu weinen und sich dann wieder mit ihr zu versöhnen. Sie wäre eben so ein bisschen eine Dramaliebhaberin.
Zudem versuchte sie nach unserer Trennung regelmäßig, mich zu provozieren, um mich wütend zu machen. Sie meinte einmal zu mir: „Werde endlich einmal wütend.“
In meiner damaligen Co-Abhängigkeit antwortete ich ihr: „Ich glaube nicht, dass ich wütend werden kann.“, worauf sie antwortete: „Natürlich kannst du wütend werden. Jeder Mensch hat diesen Teil in sich.“
Damit hatte sie aus meiner heutigen Sicht recht.
Irgendwann war ich jedenfalls über sie hinweg und unser Kontakt lief aus.
Was war passiert?
Eine wichtige Sache: Die Schuld wurde umgekehrt!
Eigentlich hatte sie ja mich getestet und mir vorgespielt, dass sie mich nicht liebte, anstatt mir ehrlich zu sagen, dass sie Zweifel an meiner Liebe für sie hatte.
Sie hatte mit mir gespielt und wurde dann ertappt.
Doch bis zu unserem Treffen hatte ich mir schon genug „zu Schulden kommen lassen“, um auch in meinen eigenen Augen als „Sündenbock“ dazustehen.
Die Rollen waren deshalb vertauscht. Und so kam es, dass ich es war, der sich entschuldigte, statt umgekehrt.
Sie log mich dann sogar noch weiter an, indem sie den Test abstritt.
Und darauf hin folgte noch ein Bombardement aus Vorwürfen für ein mir angedichtetes Verhalten.
Ihre Wahrnehmung war vollkommen verzerrt, wodurch sie wichtige Dinge verdrängte und Tatsachen verdrehte.
Deshalb befand ich mich in einem qualvollen Zustand innerer Zerrissenheit, in dem nicht wusste, was nun eigentlich genau der Stand der Dinge war.
Ich war gefangen in ihrer Scheinwelt, in der völlig widersprüchliche Gesetze herrschten.
Ich hatte ihre Aussage ernst genommen, dass ich sie nicht immer einladen müsse, weil sie sich dann schlecht fühlte. Diesem Wunsch kam ich ein einziges Mal nach. Und nun warf sie mir vor, es nie getan zu haben.
Sie hatte mit einem sehr dramatischen Abschlussritual scheinbar Schluss gemacht, bezeichnete unseren Status danach jedoch plötzlich als „Pause“.
Sie war aufgeflogen, gab aber dennoch nicht zu, dass sie mich getestet hatte. Statt sich dafür zu entschuldigen, führte sie nach dem Abstreiten ihrer Test-Strategie vorwurfsvolle Erklärungen an, was ich in ihren Augen falsch gemacht hatte.
Ihr eine Diagnose zu stellen, steht mir nicht zu – auch wenn ich die Vermutung habe, dass eine Borderline-Persönichkeitsstörung hinter ihrem Verhalten gesteckt haben könnte.
Jedenfalls war ihr Liebes-Test eine von ihr bewusst gewählte Manipulationstechnik, um mich dazu zu bringen, ihr meine Liebe zu beweisen.
Wieso testet dich jemand?
Es gibt vor allem 2 Hauptgründe, weshalb dich jemand „testet“…
1. Zur Rückversicherung
Vor allem Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung können die innere Gewissheit nicht lange aufrechterhalten, dass du sie liebst.
Einerseits ist ihr Vertrauen zutiefst erschüttert und sie können nicht glauben, dass sie wirklich konstant geliebt werden können.
Andererseits bereitet ihnen die sogenannte „Objektkonstanz“ Schwierigkeiten, sodass es ihnen schwerfällt, eine abwesende Person im Gedächtnis zu behalten.
Das kleinste Signal reicht bereits aus, um sie glauben zu machen, du würdest sie verlassen wollen, sie nicht lieben oder in gewisser Weise „nicht mehr existieren“. Wenn du zu spät auf eine Nachricht antwortest, wenn du sie einmal nicht einlädtst, wenn du einmal keine Zeit für sie hast etc.
Du wirst regelmäßig getestet, damit Betroffene immer wieder das Gefühl der Sicherheit bekommen, dass du sie liebst und bei ihnen bleibst.
Das kann dazu führen, dass du immer mehr Bestätigungen, um ihre „Sucht“ zu befriedigen. Denn Borderliner sind tatsächlich beziehungssüchtig und stark abhängig von deinen Liebesbeweisen. Diese müssen immer mehr und immer größer werden, wie bei einer Droge, deren Dosis ständig erhöht werden muss.
Ein Indiz können seltsam anmutende Fragen sein, wie solche, die mir meine Ex-Freundin gestellt hat: „Wieso liebst du mich?“ während der Beziehung oder „Hast du eine Freundin?“ kurz nach der Beendigung der Beziehung. Antwortete ich auf die zweite Frage mit „Nein“, stellte sie im Anschluss die Frage „Wieso nicht?“
Solche Fragen beinhalten häufig die unterschwellige Botschaft, dass dein Gegenüber aus Unsicherheit möglichst unbemerkt herausfinden will, woran es bei dir ist.
Übrigens können auch Therapeut*innen getestet werden und werden es auch nicht selten. So ist mir beispielsweise eine Situation zu Ohren gekommen, in der zwei Borderline-Patientinnen in einer Klinik die Therapeut*innen testeten.
Die beiden Patientinnen taten so, als würden sie dissoziieren, um zu testen, ob eine von ihnen anders behandelt und mehr Aufmerksamkeit bekommen würde. Im Nachgang berichteten sie ihren Tischnachbaren ganz stolz von ihrem „Geniestreich“ und schienen es nicht eine Sekunde zu bereuen.
2. Für Macht und Kontrolle
Narzissten und antisoziale Menschen beobachten, analysieren und testen andere häufig, um ihren „Nutzen“ für sie abzuwägen.
Dabei kann es der Person darum gehen, dich als Chauffeur, als Goldesel, als Prestigeobjekt oder sonst etwas einzuspannen, wann immer ihr danach ist. Es kann aber auch sein, dass die Person dich in mehreren oder sogar allen erdenklichen Lebensbereichen kontrollieren möchte.
Im Vordergrund steht immer die Frage: Was bringst du mir?
Konsequenzen
Wie du im Falle meiner Beziehung sehen kannst, kann ein Test dazu führen, dass Beziehungen sabotiert werden.
Bei Borderlinern kann das damit zusammenhängen, dass die Nähe zu intensiv wird.
Oder sie stoßen dich paradoxerweise von sich weg, weil sie befürchten, dass du sie verlässt. Auf diese Weise können sie dir zuvorkommen und dafür sorgen, dass sie dich verlassen und nicht umgekehrt.
In Beziehungen hinterlassen Tests oft gebrochene Herzen, wenn sie aufgedeckt werden. Wenn sie nicht aufgedeckt werden, dann ermüden, enttäuschen und verwirren sie oft diejenigen, an denen sie vorgenommen werden.
Egal, ob eine Angst oder eine böse Absicht dahinter steckt. Dieses Verhalten ist toxisch. Beziehungen, in denen es angewendet wird, sind ungesund.
Es bleibt natürlich dir überlassen, ob du so eine Beziehung führen möchtest oder nicht. Doch ich rate dir aus gesundheitlichen Gründen dringend davon ab.
Symptome
Tests, auch wenn sie aus einer Verlustangst und einem Vertrauensproblem heraus motiviert sind, können Mitmenschen sehr zusetzen.
Meine Symptome waren:
Große Verwirrung aufgrund widersprüchlicher Signale
Ein gebrochenes Herz, weil sie meine Gesten nicht schätzte
Schuldgefühle, weil ich meiner Partnerin vermeintlich das Gefühl gab, nicht geliebt zu sein
Schuld und Scham, weil sie es für notwendig hielt, mich zu testen und mir vorwarf, ein schlechter Freund zu sein
Scham durch die Erniedrigung, ein „Testobjekt“ gewesen zu sein
Emotionale Verletzungen, weil sie mich anzickte und mir Vorwürfe machte
Enttäuschung, weil sie mir nicht vertraute
Erschöpfung, weil ich versuchte, die widersprüchliche Situation zu verstehen, sie irgendwie zu kontrollieren und mit einer ständigen inneren Zerrissenheit zu kämpfen hatte
Fazit
Du solltest auf keinen Fall versuchen, die Situation zu verharmlosen oder gar zu beschönigen.
Die Person mag verdrängen und sich dessen nicht bewusst sein, was sie dir antut.
Doch die Tatsache, dass ein Mensch fähig ist, etwas derart moralisch Verwerfliches zu tun, zeigt nicht nur, wie toxisch, sondern auch, wie gefährlich er unter Umständen sein kann.
Egal, aus welchen Gründen er/sie dich „testet“: niemand hat das Recht, dich schlecht zu behandeln.
Dieses Verhalten langfristig aus deinem Leben zu verbannen, gehört zu einer gesunden Psychohygiene dazu.
Wenn der Mensch nicht bereit ist, sich zu ändern, dann helfen nur Kontaktabbruch/Kontaktreduktion und emotionale Abgrenzung.
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