Favor Card

Hat dir schon einmal jemand einen Gefallen getan und ihn dann gegen dich verwendet?

„Ich habe dir damals auch [Gefallen XY] gemacht.“

Dann bist du womöglich auf die Manipulationstechnik „Favor Card“ hereingefallen.

Das Ziel dieser Technik ist es, dich über dein schlechtes Gewissen zu manipulieren und dein Pflichtbewusstsein zu aktivieren.

Auf diese Weise wirst du dahin manipuliert, deinem Gegenüber einen ganz bestimmten „Gefallen“ zu machen.

Häufig wird die Technik in Kombination mit dem sogenannten Guilt Fishing eingesetzt, mit dessen Hilfe du die nötigen Schuldgefühle bekommen sollst, um ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Was ist die Favor Card?

Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine Art Joker-Karte. Dein Gegenüber übt emotionalen Druck auf dich aus und drängt dich dazu, etwas für es zu tun.

Die etwas weniger durchtriebene, aber nicht minder schlimme Variante ist die, dass einfach zufällige Dinge aus der Vergangenheit herausgekramt werden.

Hier wurde dir geholfen, dort hat man mitgemacht, dies wurde dir geschenkt, das hat dir damals den Allerwertesten gerettet.

Häufig sind die Gefallen völlig übertrieben und manchmal war dein Gegenüber nicht einmal daran beteiligt. Doch einen Versuch ist es wert. Denn vielleicht weißt du das ja gar nicht mehr.

Dieser „Gefallen“ dient dann als Joker-Karte, die dein Gegenüber nun bei dir einlöst. Sie steht stellvertretend für die Aussage „Ich habe noch etwas gut bei dir“.

Die noch durchtriebenere Variante ist die, dass dein Gegenüber dir absichtlich einen Gefallen macht, weil es etwas Bestimmtes von dir will. Es sammelt also gewissermassen gerade die Joker-Karte ein.

Hier ist eine Definition der Favor Card:

Die Favor Card ist eine Methode, in der Vergangenheit gemachte Gefallen als emotionales Druckmittel zu verwenden. Die Manipulationstechnik aktiviert dein Pflichtbewusstsein und drängt dich dazu, Dinge zu tun, die du aus freien Stücken nicht tun würdest.

Wie funktioniert die Favor Card?

Im Prinzip gibt es, wie bereits angedeutet, 2 Arten, auf die die Favor Card eingesetzt wird.

1. Rückwirkendes Graben

Dein Gegenüber kann im jetzigen Moment unbedingt etwas von dir wollen, es aber zuvor noch nicht gewusst haben.

Deshalb gräbt es nun in vergangenen Situationen herum und versucht, rückwirkend Situationen zu finden, die bestätigen, dass du ihm noch etwas schuldest.

Denn, wenn es dir einen Gefallen gemacht hat, hast du aus der Sicht eines Narzissten die Pflicht, ihm etwas zurückzugeben. Umgekehrt hat es das Recht darauf, von dir etwas zu erhalten.

Doch es geht noch weiter, denn die narzisstische Person fühlt sich sogar berechtigt, zu entscheiden, welcher Gefallen seinerseits dem Wert des von dir gemachten Gefallens entspricht.

Und genau hier wird es meist sehr absurd. Denn nicht selten sorgt die Scheinargumentation des Narzissten für sehr seltsame Vergleiche.

Sein 5-maliges Aufhalten der Türe wird erst einmal so verkauft, dass es immer so zuvorkommend ist und alles für dich macht. Es wird zu einem Spektakel aufgebauscht.

Umgekehrt wird die Handlung, die nun von dir verlangt wird zu einer winzigen Nebensache zusammengeschrumpft.

Du müsstest ja nur eine klitzekleine Fahrt für ihn unternehmen und eine Kleinigkeit besorgen. In Wahrheit fährst du 2 Stunden hin und zurück und machst einen Großeinkauf mit einer riesigen, detaillierten Wunschliste.

2. Vorsorgliches Sammeln

Die zweite Art, die Favor Card einzulösen, besteht darin, dir vorsorglich bewusst einen Gefallen zu tun, um ihn dann später vorlegen zu können.

Meist ist der Gefallen absurd, willkürlich und eigentlich gar nicht von dir gewünscht. Vielleicht hast du den Gefallen sogar als etwas Negatives und Unangenehmes empfunden.

Häufig machen Narzissten dir bewusst irgendwelche Gefallen, die ihnen mehr entgegenkommen als dir. Die Favor Card hat dein Gegenüber dann schon einmal in der Tasche. Es muss sie nur noch im richtigen Moment ziehen und einen ganz besonderen Gefallen von dir einfordern.

Narzissten suchen sich nicht nur aus, welchen Gefallen, sie dir machen, sondern auch, welchen du im Gegenzug für sie machen sollst.

Wenn dir der Narzisst also ein Glas Wasser einschenkt, kann das ein strategischer Schachzug sein, um danach von dir fordern zu können, für ihn zum Kiosk zu gehen, um Zigaretten zu holen.

Ist ja fast dasselbe, nicht wahr?

Mir hat zum Beispiel ein Freund ein Feature auf einem Song angeboten. Darauf war ein Künstler vertreten, den ich früher gehört hatte.

Aber zu diesem Zeitpunkt interessierte er mich eigentlich nicht mehr. Jedenfalls kam es mir so vor, als würde ich ihm damit einen größeren Gefallen tun, als er mir.

Aber als er später immer wieder Geld von mir auslieh, es mir bis zu einem bestimmten Zeitpunkt versprach und dann noch mehr erbettelte, konfrontierte ich ihn. Doch er antwortete nur:

„Sei bitte nicht so hart zu mir. Nach allem, was ich für dich getan habe.“

Damit spielte er auf genau solche „Gefallen“ aus der Vergangenheit an.

Fazit

Diese Einsicht mag tragisch klingen und ernüchternd sein, aber ein Narzisst macht keine aufrichtigen Gefallen.

Selbst wenn er dir tatsächlich einen Gefallen tut, ohne etwas von dir zurückzuverlangen, will er mit seiner „überaus großzügigen“ Tat nur sein eigenes Ego boosten.

Es ist auch gut möglich, dass er diesen Gefallen zu einem späteren Zeitpunkt wieder vorbringt und die Favor Card aus dem Ärmel zieht.

Streng nach dem Motto:

„Nothing ist free. What’s in it for me!?“

Du solltest auf keinen Fall versuchen, die Situation zu verharmlosen oder gar zu beschönigen.

Mit gemachten Gefallen das Pflichtbewusstsein zu aktivieren, damit man einen Menschen dazu bringt, etwas zu tun, ist emotionale Erpressung.

Die Person mag verdrängen und sich dessen nicht bewusst sein, was sie dir antut.

Doch die Tatsache, dass ein Mensch fähig ist, etwas derart moralisch Verwerfliches zu tun, zeigt nicht nur, wie toxisch, sondern auch, wie gefährlich er unter Umständen sein kann.

Egal, aus welchen Gründen er/sie regelmäßig die Favor Card einsetzt: niemand hat das Recht, dich schlecht zu behandeln.

Dieses Verhalten langfristig aus deinem Leben zu verbannen, gehört zu einer gesunden Psychohygiene dazu.

Wenn der Mensch nicht bereit ist, sich zu ändern, dann helfen nur Kontaktabbruch/Kontaktreduktion und emotionale Abgrenzung.

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