Emotionale Erpressung
Emotionale Erpressung ist die Nummer 1 Manipulationstechnik.
Genauer gesagt basiert so gut wie jede Manipulationstechnik auf emotionaler Erpressung.
Jedes Mal, wenn du für jemanden etwas tust, weil er dich „irgendwie dazu gebracht hat“, musst du davon ausgehen, dass du emotional erpresst wurdest.
Dennoch solltest du auch hier unterscheiden zwischen Einzelfällen, in denen dich jemand zu etwas drängt und gehäuften Fällen, in denen ein sogenannter „Emotionaler Erpresser“ dich regemäßig manipuliert.
Was ist emotionale Erpressung?
Die amerikanische Psychotherapeutin Susan Forward hat den Begriff „Emotionale Erpressung“ in ihrem Buch Emotionale Erpressung. Wenn andere mit Gefühlen drohen umfassend beschrieben. Das Buch lege ich dir wärmstens ans Herz, wenn du die Technik besser verstehen lernen willst.
In diesem Artikel werde ich dir das Wichtigste über dieses Konzept erklären.
Was also ist emotionale Erpressung?
Emotionale Erpressung bedeutet, dass eine Person dich dazu bringt, Dinge zu tun, die du nur deshalb tust, weil sie emotionalen Druck auf dich ausübt.
Wie funktioniert emotionale Erpressung?
Die 3 Erpressungskanäle
Es muss also Druck dabei sein, damit es sich wirklich um emotionale Erpressung handelt. Ebenfalls erklärt Susan Forward, dass dieser Druck über 3 Kanäle auf dich ausgeübt wird:
Angst (engl. fear)
Pflichtgefühl (engl. obligation)
Schuldgefühl (engl. guilt)
Diese drei Wörter fasst sie mit dem Begriff „F.O.G.“ zusammen. Das englische Wort „fog“ bedeutet auf Deutsch „Nebel“.
Und das ist kein Zufall, denn tatsächlich wird wortwörtlich dein Denken „vernebelt“.
Die Person aktiviert durch gewisse Aussagen gezielt deine Angst, dein Pflichtgefühl oder dein Schuldgefühl. Dadurch verlagert sich dein Fokus erst einmal weg vom Denken und hin auf die Emotionsebene.
Du spürst nun Angst, Verpflichtung und Schuld, die plötzlich in dir hochschießen. Du lässt dich von ihnen forttragen und innerlich aufwühlen, sodass sie dich emotional destabilisieren.
Nun befindest du dich in einem emotionalen Nebel und du bist im wahrsten Sinne des Wortes „benebelt“.
Du gerätst völlig durcheinander und weißt nicht mehr, wo dir gerade der Kopf steht. Panisch greifst du nach dem nächstbesten Gegenstand, der dir auf irgendeine Weise Halt verspricht.
Scheinbar selbstlos bietet sich dein Gegenüber dann an, dich durch den Nebel deiner Emotionen zu leiten und sozusagen deine „mentale Krücke“ zu sein.
So lässt du dich gedanklich von ihm führen und folgst ihm dorthin, wo es dich haben will.
Wie erkennst du emotionale Erpressung?
Die 4 Gesichter
Emotionale Erpressung hat 4 Gesichter, die ich dir nun vorstelle.
Stell dir diese Gesichter wie Masken vor, die jederzeit aufgesetzt, abgenommen und gewechselt werden können. Denn grundsätzlich kann ein und dieselbe Person während eines einzigen Gesprächs mit dir einen regelrechten Maskenball veranstalten.
1. Der Bestrafer
Das erste Gesicht ist das des „Bestrafers“.
Die Person stellt dich vor die Wahl, dass du entweder ihren Wünschen nachkommst oder mit negativen Konsequenzen rechnen musst.
Sie droht dir damit, dass du auf irgendeine Weise einen Schaden erleiden wirst, wenn du nicht tust, was sie will.
Hier sind typische Beispiele für einen Bestrafer, der dich gerade erpresst:
„Du kannst dich schon mit deinem Vater treffen, aber dann bist du für mich als Sohn gestorben.“ (geschiedene Mutter)
„Wenn du morgen nicht das Treffen mit deiner Freundin absagst, um mich zu meinem Freund zu fahren, lasse ich deine Kreditkarte sperren.“ (alleinverdienender Ehemann)
Aktiviert Kanal Nr. 1: Angst
2. Der Leider
Das zweite Gesicht ist das des „Leiders“.
Mit dieser Maske gibt dir die Person zu verstehen, wie schlecht es ihr geht und wie leicht es für dich wäre, sie aus ihrem Elend zu befreien.
Es nicht zu tun, wäre egoistisch, unmoralisch und zutiefst verwerflich, wie dir direkt oder unterschwellig kommuniziert wird.
Hier sind typische Beispiele für einen Leider, der dich gerade erpresst:
Direkt: „Unglaublich, wie egoistisch du bist. Da bitte ich dich 1 Mal um etwas, weil es mir so schlechtgeht und du stellst dich quer. Dabei habe ich schon so viel für dich getan.“
Unterschwellig: „Niemand will mir bei meinem Umzug helfen, obwohl ich so einen Stress habe. Dabei hätten alle so viel Zeit.“
Aktiviert Kanal Nr. 2 & 3: Pflichtgefühl und Schuldgefühl
3. Der Verführer
Das dritte Gesicht ist der „Verführer“.
Die Person schmiert dir Honig um den Mund und weist dich darauf hin, wie gut du die Sache kannst, die sie von dir verlangt und wie gerne du sie doch tun würdest.
Vielleicht listet sie auch die positiven Aspekte für dich auf, wobei einige sehr beschönigt oder dazugedichtet und die negativen Aspekte komplett ausgeblendet werden.
Hier sind typische Beispiele für einen Verführer, der dich gerade erpresst:
„Du hast doch so gerne Hunde und spielst mit dem Gedanken, dir selbst einen zuzulegen. Am Samstag hast du die Chance, einen kleinen Vorgeschmack zu bekommen. Wir brauchen dringend noch einen Hundesitter für den Tag.“
„Du bist in handwerklichen Dingen so unglaublich begabt. Die Arbeit dauert auch nicht lange, weil es nur eine Kleinigkeit ist.“ (Freund, der Handwerkerkosten sparen will)
Aktiviert Kanal Nr. 2: Pflichtgefühl
4. Der Selbstbestrafer
Das vierte Gesicht schließlich ist der „Selbstbestrafer“.
Die Person gibt dir zu verstehen, dass es an dir liegt, ob sie unversehrt bleibt oder nicht. Du musst „nur“ das tun, was sie will und sie wird sich auch nichts antun.
Die Drohung des Selbstbestrafers läuft auf Selbstschädigung hinaus, statt wie beim Bestrafer auf deine Schädigung.
Stell dir vor, du hast eine bedenklich untergewichtige Tochter, die regelmäßig damit droht, nichts zu essen, wenn nicht das auf den Tisch kommt, was sie will. Dann heißt es zum Beispiel:
„Ihr könnt von mir aus gerne Spaghetti essen. Dann werde ich heute eben einfach nichts essen.“
Oder der Partner, den du nicht verlassen „kannst“, weil er sich immer etwas antut, wenn du dich von ihm trennst:
„Ich habe zu viele Tabletten geschluckt, weil du mich verlassen hast und ich nicht ohne dich leben kann. Komm bitte schnell zu mir und hilf mir.“
Aktiviert Kanal Nr. 1, 2 & 3: Angst, Pflichtgefühl und Schuldgefühl
Wozu emotionale Erpressung?
Es gibt vor allem 3 Hauptgründe, weshalb du emotional erpresst wirst…
1. Versorgung
Die Person will etwas von dir, das du ihr nicht so ohne weiteres zu geben bereit bist. Deshalb versucht sie, dich emotional zu erpressen. Ein großer Teil der emotionalen Erpressung läuft über das schlechte Gewissen.
Auf diese Weise bringt sie dich dazu, etwas für sie zu tun, das du in einem emotional ausgeglichenen Zustand nicht tun würdest.
Deshalb versucht sie, dich emotional zu destabilisieren und dir einzureden, dass der Weg zurück zu einem guten Gewissen nur über den „Gefallen“ führt, den sie von dir fordert.
2. Bestrafung
Es kann auch sein, dass du bereits etwas getan hast, das deinem Gegenüber missfällt. Um dir zu zeigen, was für Konsequenzen dein Verhalten hat, bestraft sie dich im Nachhinein. Auf diese Weise wirst du es in Zukunft unterlassen.
Allerdings sind hier Narzissten aus meiner Sicht um einiges „einfacher“ als Borderliner. Denn Letztere sind aufgrund ihrer emotionalen Achterbahnfahrt absolut unberechenbar.
Wenn Borderliner dich gerade für ein Verhalten von vor zwei Stunden bestrafen, kann es sein, dass sie dir am Abend schon wieder vorwerfen, dass du es anders gemacht hast.
Außerdem tragen sie sehr häufig die Maske des Selbstbestrafers, die emotional intensivste von allen. Das gefühlsmäßige Drama, das Borderline mit sich bringt, habe ich bislang noch bei keinem Narzissten gesehen.
3. Treuetest
Es kann sein, dass die emotionale Erpressung eine Art Test ist, um zu sehen, wie leicht du über deine Emotionen manipulierbar bist.
Wie bewusst dieser Test stattfindet, hängt unter anderem davon ab, von welcher Persönlichkeitsstörung die Person betroffen ist.
Antisoziale Persönlichkeitsstörung
Eine Person mit einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung wird dich in der Regel sehr bewusst testen und manipulieren. Eventuell führt sie sogar eine Akte mit Notizen über dich.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Ist die Person hingegen von einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung betroffen, wird sie dich z.B. testen, um deinen Nutzen für sie zu erkennen. Der Vorgang mag in gewissen Fällen relativ bewusst stattfinden. Aber die Handlung ist meist längst nicht so geplant und durchdacht, wie bei antisozialen Menschen.
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Im Falle einer Borderline-Persönlichkeitsstörung ist es in der Regel eine tiefgreifende Angst vor dem Verlassenwerden, die die Person dazu treibt, deine Loyalität zu testen.
Sie wird regelrecht von ihrer Emotion mitgerissen und manipuliert dich, als ob es ums nackte Überleben ginge.
Verlassenwerden ist für Borderline-Betroffene tatsächlich dermaßen existenzbedrohend, dass sie dir aus Angst drohen, sich selbst zu verletzen oder umzubringen.
In manchen Fällen werden diese Drohungen tragischerweise in die Tat umgesetzt.
Die gute Nachricht ist:
Nicht jede Person ist emotional erpressbar. Und auch du kannst durch perfekt auf dich zugeschnittene Strategien lernen, dich gegen emotionale Erpressung zu wehren.
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Fazit
Die Symptome emotionaler Erpressung sind noch vielseitiger als die Gesichter bzw. Masken, mit denen sie daherkommt. Sie reichen von Erschöpfung und Wut über starke Minderwertigkeitsgefühle und Burn-Out bis hin zu kompletter Selbstaufgabe und Zusammenbrüchen.
Du solltest auf keinen Fall versuchen, die Situation zu verharmlosen oder gar zu beschönigen.
Die Person mag verdrängen und sich dessen nicht bewusst sein, was sie dir antut.
Doch die Tatsache, dass ein Mensch fähig ist, etwas derart moralisch Verwerfliches zu tun, zeigt nicht nur, wie toxisch, sondern auch, wie gefährlich er unter Umständen sein kann.
Egal, aus welchen Gründen er/sie dich regelmäßig emotional erpresst: niemand hat das Recht, dich schlecht zu behandeln.
Dieses Verhalten langfristig aus deinem Leben zu verbannen, gehört zu einer gesunden Psychohygiene dazu.
Wenn der Mensch nicht bereit ist, sich zu ändern, dann helfen nur Kontaktabbruch/Kontaktreduktion und emotionale Abgrenzung.
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